vom fremdschlaf

das erwachen beginnt mit den worten "bin" und "jetzt" schreibt christopher isherwood in "a single man".
bin jetzt wach.
besonders im sommer, wo die tage länger und die nächte kürzer sind, kann es durchaus vorkommen, das man den schlaf an einem außergewöhnlichen ort vollzieht. man verzichtet auf das eigene, intime erlebnis im eigenen bett, das uns jede nacht wie ein boot über unseren gedankensee ins reich der träume hinüberführt. der private schlaf dringt nach außen und wird öffentlich.
nun ist es oft der fall, das sich unser boot als etwas fremdes in einer fremden umgebung herausstellt. häufig erliegen wir einfach dem drängen des schlafs in einem fremden boot, welches uns auf einem neuen weg ins traute reich hinüberführt. ich möchte jedoch nicht über den schlaf an sich schreiben. interessanter ist eher das aufwachen in einem fremden bett oder an einem fremden ort.
bin jetzt wach.
den moment des aufwachens in fremder umgebung kann man mit einem seltsamen tauchergefühl vergleichen. man schlägt die augen auf, jedoch versteht man das was man sieht nicht. wir hören erst sehr spät, wenn wir aufwachen.
irritation setzt ein und man sucht nach hinweisen, die auf den aufenthaltsort hindeuten. langsam gewöhnt sich unser auge an die umgebung und man realisiert, dass man soeben die nacht in einer fremden umgebung verbracht hat.
unabhängig davon, wie individuell jeder auf diese umgebung nun reagiert, kann man jedoch sagen, dass das auge unruhig nach spuren des letzten abends sucht. der raum, der ort, die atmosphäre, ein gedankenschlachtfeld der letzten nacht, das man langsam zu verstehen beginnt. der erleuchtete raum wirkt zunächst verstörend, der geruch wirkt alt und vergangen.
dieser moment des realisierungsprozesses, das man nicht in seinem eigenen bett liegt, sondern in einem fremden, ist ein weiterer moment, in dem man die bindung zwischen mensch und umwelt aktiv wahrnimmt.
"mit jemandem schlafen und mit jemandem einschlafen, sind nicht nur zwei unterschiedliche, sondern sogar gegensätzliche leidenschaften.", sagte milan kundera einst. ähnlich ist es mit dem aufwachen. wacht man auf und verschließt nicht die augen vor der realität, die meistens erschreckender ist, als die traumlandschaft, nimmt man alles um sich wahr, als sei es gerade erst entstanden. verschließt man die augen, bleibt man im wunderland und beraubt sich selbst einer machtvollen erfahrung, in der wir mit der welt, die uns umgibt im reinen sind.
schlafen um aufzuwachen!
gute nacht!

s.

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