von der kreuzigung


die karwoche neigt sich ihrem höhepunkt zu: dem osterfest. zu hauf strömen menschen in die kirche, wollen das große leid von jesus christus teilen, die passion aufs neue miterleben, selber erfahren, was das geheimnis hinter diesem akt der selbstkasteiung ist.
vielen ist der karfreitag neben seinem feiertagsstatus auch als spielverderber-tag bekannt. trauer und andacht dringen unter alle menschen, ob man will oder nicht: jeder tanzwütige discobesucher und fleißiger einkäufer steht vor verschlossener tür. "man soll es doch nicht gleich übertreiben mit der kreuzigung. ich lass mir doch keinen glauben einfach so aufzwingen!", hört man des öfteren.
karfreitag, ein stiller tag. bevor man jedoch am ostersonntag aufersteht, sich an den feierlichkeiten und des lebens neu erfreuen kann, stehen die bedächtigen kartage bevor. was hat das ganze mit uns zu tun?
durch die medien erlangen wir eindrücke von gläubigen christen, die sich intensiv an der liturgie und dem leiden von jesus christus beteiligen. man nimmt es hin, man ignoriert es, findet es verwunderlich, idiotisch, komisch, aber auch interessant, bewegend, aufrüttelnd.
ein kreuz, und besonders die kreuzigung, ist natürlich zunächst sinnbild für das leiden und die passion von jesus christus, der für das leid der menschheit sein leben gab um mit seinem blut die sünde der welt wegzuwaschen. allerdings vergisst man oft, dass zu seiner zeit viele menschen ein kreuz auf einen hohen berg schleppen mussten, auf dem sie unter qualen lange, lange zeit an ihrem eigen getragenen kreuz hingen, bevor sie in den tod gingen. auch heute begegnen uns diese kreuze, die uns unbewusst gerade in diesen tagen, an denen wir sehen, wie viele menschen den tod und die auferstehung eines menschen feiern, an unser eigenes verdrängtes kreuz erinnern. ein mensch, dessen werk für viele menschen fehlinterpretiert wird.
die kreuzigung ist ein akt, der uns in unserer heutigen zeit als projektion für unser eigenes kreuz, das wir ständig mit uns herumtragen, dient. deshalb ist es für uns oft so unangenehm diesem pseudo-kollektiven leiden beizuwohnen. die passion ist eine erfahrung, zu der jeder eingeladen ist, der sich bewusst auf seinen kreuzweg begeben möchte, der sich das gewicht seines kreuzes bewusst werden möchte, der drei mal unter dem gewicht des kreuzes fallen und aufgerichtet werden möchte. in diesem akt tun wir etwas nur für uns, und dennoch obwohl jeder von uns seine eigene kreuzigung erlebt, hängen wir schließlich an unserem kreuz, mit nägeln in den händen, nackt, ausgestreckt, fast leblos für die anderen. ein egoistisches erlebnis, dessen ergebnis doch für jemand anderen bestimmt ist.
das ist das geheimnis der kreuzigung, deren wirkung nach außen stets größer, liebevoller und intensiver ist, als die innere. hat man sich erst an das eigene schwere kreuz genagelt, ist der erlesene schmerz das elixier des neuen altruistischeren lebens, das uns zwar nicht gleich am dritten tage erwartet, sicher aber in naher zukunft in der gestalt bedingungsloser liebe.

s.

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