Auf die Fresse

[Anzeige]
Eigentlich dachte ich nach meinem einwöchigen Herbsturlaub in Den Haag, dass alles irgendwie leichter wird. Ich ahnte nicht, dass ein ziemlich großer Schlag folgen sollte, der mich in meinen Grundfesten noch einmal wesentlich erschüttern und aufwühlen würde.
Wie ihr wisst, arbeite ich als Junior Producer für die Serie Lindenstraße. Und falls ihr euch die letzten Wochen nicht in irgendeinem dunklen Loch abgeschieden vom Rest der Welt versteckt hieltet, wisst ihr nun, dass die ARD nach über 33 Jahren entschieden hat, die Lindenstraße im März 2020 abzusetzen.
Ich will nicht wiederholen, was die Presse in aller Ausführlichkeit bereits dargelegt hat. Da seit ihr frei euch eure Meinung dazu selbst zu bilden.
Was wirklich wehtut, ist der Gedanke, dass hier das Familiengefüge eines Fernsehproduktionsbetriebs auseinandergerissen werden soll, welches für andere Film- und Fernsehproduktionen stets Vorreiter, aber auch Vorbild ist. Ich kenne keinen anderen Fernsehproduktionsbetrieb, in dem das Miteinander und die Arbeit so respektvoll, zugewandt, fair, offen und liebevoll ist, wie in der Lindenstraße. "Lindenstraße steht für politisches und soziales Engagement, - für Meinungsfreiheit, Demokratie, gleiche Rechte für alle und Integration, was in Zeiten von Rechtsruck und Ausländerfeindlichkeit wichtiger ist denn je.", so meine Chefs Hans & Hana Geißendörfer.
Es dauerte eine Woche um die Entscheidung der ARD sacken zu lassen, aber auch um den Schmerz zu lindern, gemeinsam mit Kollegen, Freunden, Fans und Familie. Der Abend nach der Pressemeldung ging (ich will es gar nicht beschönigen) steil bergab. Mein ganzes Wesen pulsierte vor Wut und Unverständnis über die Ungerechtigkeit, die dieser Institution angetan wird, zu der ich immer voller Stolz meinen Anteil beitrage. Nach einer unbeherrschten Bewegung fand ich mich mit einem mal blutend auf dem harten Boden der Realität wieder, auf den ich an diesem Abend offenbar gefallen war. Mein Gesicht brannte. Lippen und Zähne waren taub. Blut rann aus meinem Mund, an meinen Händen klebten Steine, Schmutz und Zorn. Zum Glück waren da Menschen, die es schafften mich aufzurichten, Menschen, die ebenso, wie ich stark, aber zugleich schwach gegen ein Schicksal ankämpfen wollen, dass sich noch nicht erfüllt hat.
Als ich mit meiner Familie vor 27 Jahren nach Deutschland kam, war die Lindenstraße die erste Serie, die wir geschaut hatten, eine Serie, die wie Atlas, eine große Welt auf dem Rücken trägt, die nicht nur über 80 Beschäftigte ernährt, sondern auch eine große Fangemeinde emotional und historisch miteinander verbindet. Eine Welt, die meiner Familie damals Unterhaltung, aber was viel wichtiger ist, Hoffnung gab, in Deutschland einen Platz zu finden.
Lasst nicht zu, dass dieser Hoffnungsträger beerdingt wird. Gebt eure Meinung kund, schreibt der ARD unter info@DasErste.de , macht eurem Unmut Luft, teilt eure Trauer, eure Bestürzung. Unterstützt uns mit euer Stimme und kommt am 19.Januar 2019 nach Köln zur Demo zur Erhaltung der Lindenstraße (Uhrzeit und Ort werden noch bekannt gegeben). Vor allem aber: Schaltet Sonntag 18:50 Uhr Das Erste ein und besucht den YouTube-Kanal der Lindenstraße. All das kann uns helfen.

Ich danke euch,
Simon

#getintune
#lindenstrassemussbleiben
#rettetdielindenstrasse

Comments

INSTAGRAM